Bitte lassen Sie mich, bevor wir gemeinsam durch die Ausstellung gehen werden, einige Worte zum Künstler und zu seinem Werke sagen. Rauschenberg wurde 1925 in Port Arthur in Texas geboren, sein Vater war Angestellter einer örtlichen Stromgesellschaft, der wie auch seine Mutter, keinen Bezug zur bildenden Kunst hatte, Weder in Port Arthur, noch in der weiteren Umgebung gab es Museen, die dem jugendlichen Rauschenberg künstlerischen Eindrücke hätten vermitteln können. Von 1944 bis Frühjahr 1945 wird er zur Marine eingezogen und sieht im Museum von San Diego die ersten Kunstwerke u.a. das berühmte Bild von Gainsborough „The blue boy“. Nach seiner Entlassung vom Militärdienst übernimmt er zunächst verschiedene Jobs bis er 1948 nach Paris aufbricht, um mit einem GI Militärstipendium an der Akademie Julien sein künstlerisches Studium aufzunehmen. Erst in Paris bekommt er mit 23 Jahren Kontakt zur zeitgenössischen Kunst. Er besucht die privaten Galerien und öffentlichen Museen, die Akademie enttäuscht ihn so sehr, daß er bereits nach sieben Monaten in die Vereinigten Staaten zurückkehrt und nun vier Jahre, allerdings nur sporadisch, am damals schon renomierten Black Mountain College in North Carolina vorwiegend bei dem aus Deutschland emigrierten Bauhaus Lehrer Josef Albers sowie bei den amerikanischen abstrakt expressionistisch malenden Künstlern Franz Kline und Tworkow studierte.
Dies ist wichtig zu wissen, um die Wechselwirkung europäisch-amerikanischer Einflüsse in seinem Werk besser zu verstehen. Josef Albers vermittelt ihm das Werk der bedeutenden europäischen Künstler besonders von Matisse, Picasso und Mondrian sowie die künstlerische Lehre des Bauhaus. Einen ebenso großen Einfluß auf die Entwicklung seines Werkes übt der Komponist John Cage aus mit seinem Freund und Tänzer Merce Cunningham, die ebenfalls am Black Mountain College Vorlesungen gaben. Durch Cage erfährt er die künstlerischen Möglichkeiten des Zufallsprinzips. Gemeinsam mit Cage und Cunningham werden schon 1952 Fluxus-Veranstaltungen am Collge aufgeführt, die zehn Jahre später als sogenannte Happenings auch bei uns in Europa die Kunstszene beeinflußten. In dieser Zeit entstehen die schwarzen und weißen Bilder, die wir gleich sehen werden.
Gleichzeitig beschäftigt sich der Künstler auch mit der Photographie. Sehr zum Verdruß seines Lehrers Josef Albers experimentierte Rauschenberg schon vorher mit belichteten Blaupausen, indem er lebende Modelle auf lichtempfindliches Blaupapier legte und Abdrucke herstellte. Von Anbeginn seiner künstlerischen Tätigkeit fällt der stark experimentelle Charakter seiner Arbeitsweise auf. Blaudrucke, Photos, Objekte oder Bilder haben neben ihrem formal streng und geometrischen Aufbau, wie es sein Lehrer ihm nahegebrachte hatte, einen stark experimentellen und innovativen Charakter. Diese Eigenschaft zieht sich durch sein gesamtes Werk. In dieser frühen Zeit entwickelt der Künstler eine für sein Werk folgenreiche Technik, die sogenannte Transfer-Zeichnung, in der er Reproduktionen aus Zeitungen oder Büchern mit einem Lösungsmittel einseitig befeuchtet wie z.B. Feuerzeugbenzin und dann auf ein weißes Blatt Papier durchreibt mit einem umgedrehten Bleistift oder einem leergelaufenen Kugelschreiber. Es entstehen so einer Collage ähnliche völlig flache Bildabdrücke, die er in seine Zeichnungen oder Collagen integrieren konnte. Diese Technik, die zunächst nur im Verhältnis 1:1 übertragen werden konnte, wird Rauschenberg dann in den 60er Jahren auch auf Leinwand übertragen.
Am College studierte auch zeitweilig mit ihm Cy Twombly, mit dem er 1952 eine Europa-Reise unternimmt und gemeinsam in Rom zwei lebt. Rauschenberg besucht in dieser Zeit den römischen Künstler Alberto Burri und sieht dort seine schwaren und roten Sackleinen Bilder, die ebenfalls nachhaltig beeinflussen. Es ist von Anbeginn der europäisch amerikanische Dialog, der das Werk des Künstlers für die Kusntgeschichte so interessant werden läßt. In diesem Zusammenhange muß erwähnt werden, daß im Frühjahr 1953 in der Sidney Jannis Gallery in New York eine von Marcel Duchamp eingerichtete Dada Ausstellung stattfand, die Rauschenberg sah. Ohne genaue Kenntnis der Werke von Duchamp und Schwitters wären die kunstgeschichtlich so wichtig gewordenen Combine Bilder nicht denkbar. Werner Schmalenbach, Museumsdirektor der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf, sagte mir noch in den 60er Jahren, er kaufe statt Bildern von Rauschenberg lieber gleich einen Schwitters. Diese Meinung änderte er allerdings in den 80er Jahren und eines der bedeutendsten Combine Bilder befindet sich heute in der Düsseldorfer Sammlung. Auf die Unterschiede beider Werke werde ich noch während der Führung eingehen.
Mit den Combine Bildern glückt Robert Rauschenberg eine künstlerisch bedeutsame Verbindung von abstrakt expressiver Malerei und Objektkunst, von Malerei und Collage, von Bild und Skulptur. 1954 wird für Rauschenberg das entscheidende Jahr und der Durchbruch für alle weiteren Combine Bilder, die er bis 1964 herstellt. In den Combine Bildern verbindet Rauschenberg alle ihm zur Verfügung stehenden Techniken. Durch das Einbeziehen von Gebrauchsgegenständen wie Coca Cola Flaschen, Haushaltsgeräte, Photos aus Zeitungen und Gegenstände des täglichen Lebens werden die bildnerischen Grundlagen einer veränderten Wahrnehmung gelegt, die 1962 zu einer der folgenreichsten Kunstrichtungen der sogenannten Pop Art führte. Eine weitere wichtige Entwicklung für sein Werk und die Kunstgeschichte ist die Einführung der Siebdruck- und Transfertechnik, also Siebdrucke von Bildreproduktionen auf Leinwand, die nun farbig und beliebig vergrößerbar wurden. Mit dieser neuen Bildtechnik erringt der Künstler 1964 den großen Preis für Malerei auf der Biennale von Venedig und damit Weltruhm. Im gleichen Jahr erscheint das kunsttheoretische Werk „Die Rhetorik des Bildes“ von Roland Barthes. Die für Rauschenberg typische Reaktion auf den Erfolg bestand darin, daß er alle bis dahin hergestellten und benutzten Siebe vernichten ließ und mit dieser Art von Bildproduktion sofort aufhörte. Ich möchte schon hier auf einen bedeutsamen Bilderzyklus hinweisen, in dem er die Transfer-Technik in eindrucksvoller Weise auf den Höhepunkt bringt u.z. den Illustrationszyklus zu den Gesängen des Dantischen Infernos. In den Folgejahren nach 1964 beschäftigt sich der Künstler zunächst stärker mit Tanz, Choreographie und Bühnenbildern und entwickelt ein immer stärker werdendes Interesse an technisch wissenschaftlichen Innovationen, die er gemeinsam mit Technikern für sein Werk einsetzt. Ich glaube, daß es ratsamer ist, über diese Werkgruppen bis in die 90er Jahre hinein vor den Werken selbst zu sprechen, so daß ich an dieser Stelle abbrechen und mit der Führung beginnen möchte.
1998
Bitte lassen Sie mich, bevor wir gemeinsam durch die Ausstellung gehen werden, einige Worte zum Künstler und zu seinem Werke sagen. Rauschenberg wurde 1925 in Port Arthur in Texas geboren, sein Vater war Angestellter einer örtlichen Stromgesellschaft, der wie auch seine Mutter, keinen Bezug zur bildenden Kunst hatte, Weder in Port Arthur, noch in der weiteren Umgebung gab es Museen, die dem jugendlichen Rauschenberg künstlerischen Eindrücke hätten vermitteln können. Von 1944 bis Frühjahr 1945 wird er zur Marine eingezogen und sieht im Museum von San Diego die ersten Kunstwerke u.a. das berühmte Bild von Gainsborough „The blue boy“. Nach seiner Entlassung vom Militärdienst übernimmt er zunächst verschiedene Jobs bis er 1948 nach Paris aufbricht, um mit einem GI Militärstipendium an der Akademie Julien sein künstlerisches Studium aufzunehmen. Erst in Paris bekommt er mit 23 Jahren Kontakt zur zeitgenössischen Kunst. Er besucht die privaten Galerien und öffentlichen Museen, die Akademie enttäuscht ihn so sehr, daß er bereits nach sieben Monaten in die Vereinigten Staaten zurückkehrt und nun vier Jahre, allerdings nur sporadisch, am damals schon renomierten Black Mountain College in North Carolina vorwiegend bei dem aus Deutschland emigrierten Bauhaus Lehrer Josef Albers sowie bei den amerikanischen abstrakt expressionistisch malenden Künstlern Franz Kline und Tworkow studierte.
Dies ist wichtig zu wissen, um die Wechselwirkung europäisch-amerikanischer Einflüsse in seinem Werk besser zu verstehen. Josef Albers vermittelt ihm das Werk der bedeutenden europäischen Künstler besonders von Matisse, Picasso und Mondrian sowie die künstlerische Lehre des Bauhaus. Einen ebenso großen Einfluß auf die Entwicklung seines Werkes übt der Komponist John Cage aus mit seinem Freund und Tänzer Merce Cunningham, die ebenfalls am Black Mountain College Vorlesungen gaben. Durch Cage erfährt er die künstlerischen Möglichkeiten des Zufallsprinzips. Gemeinsam mit Cage und Cunningham werden schon 1952 Fluxus-Veranstaltungen am Collge aufgeführt, die zehn Jahre später als sogenannte Happenings auch bei uns in Europa die Kunstszene beeinflußten. In dieser Zeit entstehen die schwarzen und weißen Bilder, die wir gleich sehen werden.
Gleichzeitig beschäftigt sich der Künstler auch mit der Photographie. Sehr zum Verdruß seines Lehrers Josef Albers experimentierte Rauschenberg schon vorher mit belichteten Blaupausen, indem er lebende Modelle auf lichtempfindliches Blaupapier legte und Abdrucke herstellte. Von Anbeginn seiner künstlerischen Tätigkeit fällt der stark experimentelle Charakter seiner Arbeitsweise auf. Blaudrucke, Photos, Objekte oder Bilder haben neben ihrem formal streng und geometrischen Aufbau, wie es sein Lehrer ihm nahegebrachte hatte, einen stark experimentellen und innovativen Charakter. Diese Eigenschaft zieht sich durch sein gesamtes Werk. In dieser frühen Zeit entwickelt der Künstler eine für sein Werk folgenreiche Technik, die sogenannte Transfer-Zeichnung, in der er Reproduktionen aus Zeitungen oder Büchern mit einem Lösungsmittel einseitig befeuchtet wie z.B. Feuerzeugbenzin und dann auf ein weißes Blatt Papier durchreibt mit einem umgedrehten Bleistift oder einem leergelaufenen Kugelschreiber. Es entstehen so einer Collage ähnliche völlig flache Bildabdrücke, die er in seine Zeichnungen oder Collagen integrieren konnte. Diese Technik, die zunächst nur im Verhältnis 1:1 übertragen werden konnte, wird Rauschenberg dann in den 60er Jahren auch auf Leinwand übertragen.
Am College studierte auch zeitweilig mit ihm Cy Twombly, mit dem er 1952 eine Europa-Reise unternimmt und gemeinsam in Rom zwei lebt. Rauschenberg besucht in dieser Zeit den römischen Künstler Alberto Burri und sieht dort seine schwaren und roten Sackleinen Bilder, die ebenfalls nachhaltig beeinflussen. Es ist von Anbeginn der europäisch amerikanische Dialog, der das Werk des Künstlers für die Kusntgeschichte so interessant werden läßt. In diesem Zusammenhange muß erwähnt werden, daß im Frühjahr 1953 in der Sidney Jannis Gallery in New York eine von Marcel Duchamp eingerichtete Dada Ausstellung stattfand, die Rauschenberg sah. Ohne genaue Kenntnis der Werke von Duchamp und Schwitters wären die kunstgeschichtlich so wichtig gewordenen Combine Bilder nicht denkbar. Werner Schmalenbach, Museumsdirektor der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf, sagte mir noch in den 60er Jahren, er kaufe statt Bildern von Rauschenberg lieber gleich einen Schwitters. Diese Meinung änderte er allerdings in den 80er Jahren und eines der bedeutendsten Combine Bilder befindet sich heute in der Düsseldorfer Sammlung. Auf die Unterschiede beider Werke werde ich noch während der Führung eingehen.
Mit den Combine Bildern glückt Robert Rauschenberg eine künstlerisch bedeutsame Verbindung von abstrakt expressiver Malerei und Objektkunst, von Malerei und Collage, von Bild und Skulptur. 1954 wird für Rauschenberg das entscheidende Jahr und der Durchbruch für alle weiteren Combine Bilder, die er bis 1964 herstellt. In den Combine Bildern verbindet Rauschenberg alle ihm zur Verfügung stehenden Techniken. Durch das Einbeziehen von Gebrauchsgegenständen wie Coca Cola Flaschen, Haushaltsgeräte, Photos aus Zeitungen und Gegenstände des täglichen Lebens werden die bildnerischen Grundlagen einer veränderten Wahrnehmung gelegt, die 1962 zu einer der folgenreichsten Kunstrichtungen der sogenannten Pop Art führte. Eine weitere wichtige Entwicklung für sein Werk und die Kunstgeschichte ist die Einführung der Siebdruck- und Transfertechnik, also Siebdrucke von Bildreproduktionen auf Leinwand, die nun farbig und beliebig vergrößerbar wurden. Mit dieser neuen Bildtechnik erringt der Künstler 1964 den großen Preis für Malerei auf der Biennale von Venedig und damit Weltruhm. Im gleichen Jahr erscheint das kunsttheoretische Werk „Die Rhetorik des Bildes“ von Roland Barthes. Die für Rauschenberg typische Reaktion auf den Erfolg bestand darin, daß er alle bis dahin hergestellten und benutzten Siebe vernichten ließ und mit dieser Art von Bildproduktion sofort aufhörte. Ich möchte schon hier auf einen bedeutsamen Bilderzyklus hinweisen, in dem er die Transfer-Technik in eindrucksvoller Weise auf den Höhepunkt bringt u.z. den Illustrationszyklus zu den Gesängen des Dantischen Infernos. In den Folgejahren nach 1964 beschäftigt sich der Künstler zunächst stärker mit Tanz, Choreographie und Bühnenbildern und entwickelt ein immer stärker werdendes Interesse an technisch wissenschaftlichen Innovationen, die er gemeinsam mit Technikern für sein Werk einsetzt. Ich glaube, daß es ratsamer ist, über diese Werkgruppen bis in die 90er Jahre hinein vor den Werken selbst zu sprechen, so daß ich an dieser Stelle abbrechen und mit der Führung beginnen möchte.
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