Meine Tätigkeit als Galerist seit 1960 wurde geprägt durch den europäisch-amerikanischen Dialog, in dem der deutschen Kunst zunehmend wieder eine internationale Bedeutung zukam. War die erste documenta 1955 noch eurozentrisch orientiert, begann mit der zweiten documenta 1959 die deutsche Auseinandersetzung mit der zeitgenössischen Kunst in den USA. In den 50er Jahren richtete sich das künstlerische Interesse auf Paris, dem Ort der auch geschichtlich gesehen als Zentrum für die europäische Kunst empfunden wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die unterschiedlichen Persönlichkeiten und Stile, kulturpolitisch sehr geschickt, als Ecole de Paris und Paris als Weltkulturhauptstadt gefeiert. So entstand der Mythos Paris, dem auch deutsche private wie öffentliche Sammler bis 1960 huldigten. Die meist nachkubistischen Bilder dieser Zeit in unseren Museen zeugen von dem Wunsch nach dem verlorenen Krieg, wenigstens auf künstlerischer Ebene, Anschluß an den internationalen abstrakten Stil zu finden. Es war verpönt, gegenständliche Bilder auszustellen oder zu sammeln, selbst bedeutende Bilder von Magritte oder Delvaux fanden in Deutschland noch keine Käufer. Die erste Magritte Ausstellung in Deutschland fand erst 1965 in meiner Galerie ohne große Resonanz statt. Bruno Goller oder Konrad Klapheck wurden als Außenseiter betrachtet. Werner Haftmann versuchte noch in der zweiten documenta 1959 das Informell als Weltstil zu manifestieren. Der diesmal jedoch nicht mehr zu ignorierende Beitrag amerikanischer Kunst des Museums of Modern Art in New York für die documenta 2 und die 1958 von Arnold Ruedlinger in der Baseler Kunsthalle organisierte Ausstellung „The new american painting“, die neben vielen anderen europäischen Städten auch in der Berliner Hochschule für bildende Künste zu sehen war, sollte den Unterschied zum europäischen Informell dokumentieren und auf einen neuen spezifisch amerikanischen Stil aufmerksam machen.
Schon allein die ungewohnten Formate machten deutlich, daß es sich nicht mehr um ästhetische Psychogramme oder abstrakte Kompositionen handeln konnte. So kam es ungewollt zu einer Konfrontation der Stile und im Gefolge auch der Preise. Zahlte man für ein Bild von Soulage von 1959 DM 100.000,-, kostetet ein wesentlich größeres Bild aus dem gleichen Jahr von Franz Kline trotz eines Umrechnungskurses von 1 $ : 4,2 DM wesentlich weniger. Die selbstbewußte Präsentation der Amerikaner auf der zweiten documenta mit allein zwölf Bildern von Jackson Pollock, Franz Kline, Willem de Kooning, Robert Rauschenberg und Barnett Newman ließ die Ecole de Paris verblassen. Das Bett von Rauschenberg von 1955 oder das Bild „Cathedra“, 1951 von Barnett Newman, das sich heute im Stedelijk Museum in Amsterdam befindet, provozierte bei den Besuchern ebensoviel Aufmerksamkeit wie Ablehnung. Werner Schmalenbach kaufte kurz zuvor das Bild Nr. 32, 1950 (3 x 4,50 m) von Jackson Pallock für die Kunstsammlung Nordrhein Westfalen in Düsseldorf und setzte damit ein unübersehbares Zeichen. Die zweite documenta konnte noch als Apotheose auf das Informell verstanden werden, wurde jedoch zu ihrem ungewollten Schwanengesang, der auch Paris als Kunsthandelszentrum in Mitleidenschaft zog.
Nirgendwo wurde dieser Bruch so deutlich spürbar wie bei der Vergabe der Preise für Malerei auf der Biennale von Venedig. Während noch 1960 Jean Fautrier und 1962 Alfred Manessier den Großen Preis der Malerei mit massiver Unterstützung Pariser Galeristen erhielt, konnte dieselbe Lobby zwei Jahre später nicht mehr verhindern, daß Robert Rauschenberg diesen Preis 1964 bekam. Was sich 1959 bereits in Kassel als unbeabsichtigte Wirkung zeigte, wurde auf der Biennale 1964 politisch durchgesetzt und weltweit sichtbar.
Geprägt durch meine Erfahrungen als Sekretär der zweiten documenta eröffnete ich 1960 meine eigene Galerie zunächst in Essen und zwei Jahre später dann in Köln. Mich faszinierte die Rückkehr zum Gegenstand in all ihren Variationen, angefangen vom Nouveau Realismus, der englischen und amerikanischen Pop Art bis hin zu deutschen Künstlern wie Konrad Klapheck, Gerhard Richter, Dieter Rot und Sigmar Polke. Mein erster großer Sammler war Wolfgang Hahn, stets ein Sammler der ersten Stunde. Auch in seiner Sammlung vollzog sich zu Beginn der 60er Jahre dieselbe Transformation vom Informell und der Abstraktion hin zu Nouveau Realismus, Fluxus und Pop Art.
Während die künstlerische Innovation und Kreativität in dieser Zeit ungewöhnlich groß war, hinkte der Markt bis 1967 deutlich hinterher. Offensichtlich erforderte die neue Kunst auch neue Vermarktungsstrategien. Die aus wirtschaftlicher Not geborene Gründung des ersten Kunstmarktes in Köln 1967 eröffnete der neuen Kunst das ihr angemessene Forum und sorgte für Öffentlichkeit und Popularität, sowie für den wirtschaftlichen Erfolg. In der Chronologie des Jahres 1968 sind es nicht nur die politischen Ereignisse - die Studentenunruhen, die Ermordung John F. Kennedys, das Attentat auf Andy Warhol - sondern auch die für die deutsche Kunst und ihren Kunsthandel folgenreichen Ausstellungen: Im Frühjahr 1968 kauft Karl Ströher sowohl die im Jahr zuvor in Mönchengladbach gezeigte Beuys-Ausstellung, als auch die amerikanische Pop Sammlung von Kraushar. In München wird auf Anregung des New Yorker Industriellen und Sammlers Walther Bareiss gemeinsam mit dem Prinzen Franz von Bayern und dem Grafen Dürkheim der Galerieverein gegründet, der für die Durchsetzung deutscher Kunst äußerst wichtig wurde. Die Gründungsmitglieder wurden zu engagierten und einflußreichen Sammlern deutscher Kunst, besonders durch Walther Bareiss, der als Kuratoriumsmitglied des Museum of Modern Art in New York sich für die deutsche Kunst einsetzte. Im Mai stellt Wolfgang Hahn seine Pop Art und Nouveau Realismus Sammlung gemeinsam mit deutscher Kunst von Joseph Beuys, Dieter Rot und Gerhard Richter im Walraff-Richartz Museum in Köln aus. Im Juni wird die soeben von Karl Ströher erworbene Pop Art Sammlung und Teile des später sogenannten Darmstädter Blocks von Joseph Beuys vom Galerieverein in der Neuen Pinakothek in München ausgestellt. Der wesentliche Teil des Darmstädter Blocks wird in direkter Konfrontation mit Edward Kienholz’ Installation „Roxy’s“, 1960/61 im Sommer auf der vierten documenta in Kassel gezeigt, die erstmalig amerikanischer Pop und Minimal Art zeigt, jedoch noch nicht Werke von Georg Baselitz, Blinky Palermo, Sigmar Polke oder Gerhard Richter. 1969 stellt Peter Ludwig seine Sammlung, die damals vornehmlich noch amerikanische und englische Kunst der 60er Jahre umfaßte, als Dauerleihgabe dem Walraff-Richartz-Museum in Köln zur Verfügung, das einen umfassenden Katalog über die Kunst der 60er Jahre herausgibt, der innerhalb von nur zwei Jahren fünf Auflagen von insgesamt 33.000 Exemplaren erfährt. 1970 wird die Sammlung Karl Ströher im Hessischen Landesmuseum in Darmstadt nun auch schon mit Werken von Georg Baselitz, Hanne Darboven, Blinky Palermo, Gerhard Richter und Reiner Ruthenbeck ausgestellt und es erscheint ebenfalls ein umfangreicher Katalog. Es ist sicherlich kein Zufall, daß gerade die beiden größten deutschen Sammler der Pop Art und neuer gegenständlicher deutscher Kunst, Karl Ströher und Peter Ludwig, Industrielle waren und beide ihre umfangreichen Sammlungen sofort als Dauerleihgaben in Museen öffentlich werden ließen. Beide Sammler integrierten die zeitgenössische deutsche Kunst in ihre internationalen Sammlungen. Diese Publizität förderte das Interesse sowie die Preise nicht nur für die amerikanische, sondern auch für die deutsche Kunst, die aber im wesentlichen von europäischen Sammlern bezahlt wurden. Noch 1970 konnte ich auf der Pop Art Auktion der Sammlung Scull bei Sotheby’s in New York Hauptwerke von Jasper Johns, Claes Oldenbourg und Roy Lichtenstein ohne engagierte Gegenbieter unter allgemeinem Gelächter des Auktionspublikums ersteigern.
Der Versuch, deutsche Kunst in New York zu verkaufen, oder wenigsten amerikanische Kollegen an deutscher Kunst zu interessieren, scheiterte völlig. Zu stark wirkte noch die traumatische Erfahrung mit der deutschen Vergangenheit nach. Nur Ernst Wilhelm Nay konnte in den 50er und 60er Jahren auch in New Yorker Galerien seine Bilder zeigen. Der amerikanische Markt blieb selbstbewußt unter sich und akzeptierte die deutschen Sammler und Händler nur als Käufer. Erst nach 1962, nachdem deutsche Zeitungen den militärischen Erfolg von Moishe Dayan im 6-Tage Krieg mit dem von Rommel verglich und ihn sogar als „unseren Rommel“ feierten, begann auch für amerikanische Händler und Sammler die Bereitschaft eines Dialoges. Dies führte jedoch noch lange nicht zum Kauf von zeitgenössischer deutscher Kunst, wohl aber von Werken des deutschen Expressionismus’ und des Bauhauses. Obwohl der intensive europäische Diskurs über Joseph Beuys in den 60er Jahren auch in die USA gedrungen war, und seit 1970 der Beuys Block ständig im Museum in Darmstadt zu sehen war, stellte Joseph Beuys noch 1974 in der Galerie Rene Block in New York die pronocierte Zweckbehauptung auf: „I like America and America likes me“, die sich für beide Seiten als falsch erweisen sollte. Diesen Eindruck konnte auch die Galerie Ronald Feldman in New York mit seiner Beuys Ausstellung „Feuerstätte“ im gleichen Jahr nicht korrigieren. Die ausgestellte Arbeit wurde erst zehn Jahre später an das Kunstmuseum Basel verkauft. Auch alle anderen Bemühungen deutscher Händler, wie die von Rene Block oder Reinhard Onnasch, deutsche Kunst in ihren New Yorker Galerien an amerikanische Sammler zu verkaufen, scheiterten kläglich. In den 60er und 70er Jahren kauften die Amerikaner nur Werke ihrer Künstler soweit es sich um zeitgenössische Kunst handelte. Obwohl Georg Baselitz 1975 in New York lebte, konnte weder er noch seine rührigen deutschen Händler dort Interesse für seine Arbeit erwecken. Erst 1981 stellten Xavier Fourcarde und Brooke Alexander, 1982 Ileana Sonnabend Werke von Georg Baselitz aus. In diesen Jahren gab es in den USA keine eigene überzeugende Kunstrichtung mehr. Pop, Minimal sowie Konzept Art waren bereits durchgesetzt. Dies war der Augenblick, in dem amerikanische Händler und Sammler die deutsche Kunst für sich entdeckten und gleichzeitig feststellten, daß Joseph Beuys auf die zeitgenössische amerikanische Kunst Einfluß genommen hatte. Die Preisunterschiede zwischen europäischen und amerikanischen Künstlern führten nun unter umgekehrten Vorzeichen zu einem erneuten Interesse an europäischer, insbesondere deutscher Kunst. Rainer Werner Fassbinders Filme und die Joseph Beuys Retrospektive im Guggenheim-Museum, New York 1979 verstärkten das Interesse an deutscher Kunst. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis auch die New Yorker Händler sich um Ausstellungen deutscher Künstler in ihren Galerien bemühten. Bis zu dieser Zeit galt die ebenso unsinnige wie marktpolitisch erfolgreiche Behauptung, daß sich die Kunstentwicklung im 20. Jahrhundert von Osten nach Westen verlagere und deshalb nach New York nur noch an der Westkünste Amerikas mit neuer Kunst zu rechnen sei. Diese lukrative Einbahnstraße belebte den amerkanischen Markt mit ausschließlich amerikanischer Kunst und brachte so auch sehr früh ein Interesse für Künstler der Westküste. 1982 stellt Holly Solomon in New York Bilder von Sigmar Polke, 1985 Sperone-Fischer-Westwater, New York Werke von Gerhard Richter aus, obwohl er schon 1980 auf der Biennale von Venedig vertreten war. Der große Durchbruch erfolgte 1984 auf dem Umweg über die Ausstellung von Anselm Kiefer im Israel Museum von Tel Aviv. Die erfolgreiche Ausstellung fegte alle Bedenken amerikanischer Sammler deutscher Kunst gegenüber hinweg. Ein bisher nie dagewesener Boom deutscher Kunst setzte in den USA ein und wurde mediengerecht durch die Galeristen Hochzeit von Michael Werner und Mary Boone gekrönt. Die Ehe der glücklichen Boone, die auch zu wechselseitigen Ausstellung ihrer Künstler führte, hielt solange wie der Boom. Im Werk von Anselm Kiefer, Sigmar Polke oder Gerhard Richter wie schon vorher in den Filmen von Fassbinder und den Büchern von Heinrich Böll, Günther Grass und Uwe Johnson fanden die amerikanischen Sammler die lange vermißte Auseinandersetzung deutscher Künstler mit ihrer Vergangenheit. Im Sog der Nachfrage und Preise ihrer Bilder bekamen auch andere deutsche Künstler wie Martin Kippenberger, Albert Oehlen, Werner Büttner sowie die Jungen Wildern Anerkennung und ihren Markt.
Unter den deutschen Kritikern der Nachkriegszeit waren es vor allem der Sammler Albert Schulze-Vellinghausen und John Anthony Thwaites, die sich in den 50er und 60er Jahren durch ihre engagierten Kunstkritiken für das deutsche Informell und die abstrakte Kunst einsetzten. Im Übrigen waren die Kritiker der deutschen Kunst der 60er Jahre gegenüber eher ablehnend eingestellt. Im Rheinland waren es in den 60er Jahren vor allem die Galeristen Alfred Schmela, Konrad Fischer und Michael Werner, in München Otto van de Loo, Heiner Friedrich und Fred Jahn, die die Werke der später so erfolgreich werdenden deutschen Künstler ausstellten und verkauften. Unter den Museumsdirektoren engagierten sich besonders Johannes Cladders (Städtisches Museum Mönchengladbach), Rudi Fuchs (Stedelijk van Abbemuseum Eindhoven), Dieter Koepplin für Zeichnung und Druckgrafik (Kunstmuseum Basel) und Paul Wember (Kaiser-Wilhelm Museum Krefeld). Peter Ludwig wurde auch für die deutsche Kunst durch seine frühen Ankäufe äußerst einflußreich. Sein Engagement kann nicht hoch genug eingestuft werden. Nicht nur die wirtschaftliche Bedeutung seiner umfangreichen Ankäufe war wichtig, sondern die Tatsache, daß alle Ankäufe ab 1969 zunächst im Walraff-Richartz-Museum in Köln und später auch in anderen deutschen und ausländischen Museen als Dauerleihgabe zu sehen waren. Die meist aufwendig und zweisprachig gedruckten Bestandskataloge sorgten für eine weite Verbreitung und schnelle Rezeption. Seine Sammelleidenschaft, die alle Kunstepochen und Kulturen vom Mittelalter bis zur Gegenwart, von chinesischer bis präkolumbianischen Kunst einschloß, wurde von Kunsthistorikern genau registriert und ermutigt sie, sich stärker für zeitgenössische deutsche Kunst zu engagieren. Auch Wolfgang Hahns ebenso passionierte wie systematische Sammlung inspirierte andere deutsche Sammler wie Eberhard Garnatz und Reiner Speck. Besonders Walther König hat mit seiner auf Kunstbücher und -kataloge spezialisierten Buchhandlung in Köln seit 1971 den Sammlern die notwendigen Informationen ermöglicht. Auswärtige und ausländische Sammler konnten durch ihn über die wichtigsten deutschen Künstler und ihre Ausstellungen informiert werden. Die Konzentration des deutschen Kunsthandels in Köln und Düsseldorf schuf in den letzten 30 Jahren eine für die Kunstentwicklung so förderliche Konkurrenz und belebte den deutschen Markt wie sonst nur noch in New York. Fünf Jahre nach Köln wurde auch in Düsseldorf ein weiterer internationaler Kunstmarkt etabliert und die Medien besorgten die notwendige Öffentlichkeitsarbeit für diese absurde Konkurrenzsituation. Die föderalistische Kulturpolitik der Bundesrepublik ermöglichte ungewöhnlich viele wichtige Ausstellungen, von denen die der Kunsthalle in Baden-Baden und der Kestner Gesellschaft Hannover besonders hervorzuheben sind. Trotzdem war es nicht zu übersehen, daß deutsche Künstler ihre Werke nur in Deutschland und in den Nachbarstaaten, besonders in Belgien und Holland ausstellten und verkauften. Der letztlich alles bestimmende Kunstmarkt in den USA beteiligte sich in den 60er und 70er Jahren noch nicht an der Rezeption deutscher Kunst. Eine Baselitz Ausstellung 1982 anläßlich des Kunstmarktes in Chicago, die ich selber organisiert habe, war noch ein Mißerfolg. Ebenso erging es 1986 der Ausstellung von Gerhard Richter, die ich in Zusammenarbeit mit Barbara Gladstone gezeigt habe. Angesichts der großen Erfolge deutscher Künstler in den späten 80er Jahren verwundert diese Ablehnung. Für die amerikanischen Sammler und Händler war nach der mühsam umkämpften Emanzipation vom europäischen Markt die Rückkehr schwierig. Umso wichtiger waren die Ausstellungen deutscher Künstler in europäischen Museen wie z.B. in Stedelijk van Abbemuseum in Eindhoven und der Kunsthalle Bern so wie auch die jährliche Präsentation auf der Baseler Messe. Die 1967 in Köln kreierte neue Form der Kunstmesse wurde nicht nur in Basel, sondern auch in Bologna, Paris und Chicago, später auch in Madrid übernommen und erleichterte den deutschen Händlern ihre Aufgabe, die deutsche Kunst international durchzusetzen. Mit dem Erfolg deutscher Kunst auf den nationalen und internationalen Kunstmärkten in den 80er Jahren veränderten auch die großen Auktionshäuser ihre Strategien und versteigerten zunehmend Werke zeitgenössischer deutscher Kunst. Die große Publizität der Auktionshäuser mit ihren in hohen Auflagen produzierten Auktionskatalogen förderte die Kenntnis deutscher Kunst weltweit in bisher nie gekanntem Maße. All dies führte zwangsläufig zu einer Hosse auch für deutsche Kunst, die erst mit dem Zusammenbruch des Kommunistischen Machtblocks und dem daraus folgenden allgemeinen Orientierungswechsel ihr schnelles Ende fand. Sieben Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung kann die deutsche Kunst nicht mehr vornehmlich den europäisch-amerikanischen Dialog suchen, sondern muß unter der neu gewonnenen gesamtdeutschen Perspektive, die gemeinsame Geschichte erneut in den Blick nehmen und dabei der kulturellen Globalisierung Rechnung tragen.
1997
Meine Tätigkeit als Galerist seit 1960 wurde geprägt durch den europäisch-amerikanischen Dialog, in dem der deutschen Kunst zunehmend wieder eine internationale Bedeutung zukam. War die erste documenta 1955 noch eurozentrisch orientiert, begann mit der zweiten documenta 1959 die deutsche Auseinandersetzung mit der zeitgenössischen Kunst in den USA. In den 50er Jahren richtete sich das künstlerische Interesse auf Paris, dem Ort der auch geschichtlich gesehen als Zentrum für die europäische Kunst empfunden wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die unterschiedlichen Persönlichkeiten und Stile, kulturpolitisch sehr geschickt, als Ecole de Paris und Paris als Weltkulturhauptstadt gefeiert. So entstand der Mythos Paris, dem auch deutsche private wie öffentliche Sammler bis 1960 huldigten. Die meist nachkubistischen Bilder dieser Zeit in unseren Museen zeugen von dem Wunsch nach dem verlorenen Krieg, wenigstens auf künstlerischer Ebene, Anschluß an den internationalen abstrakten Stil zu finden. Es war verpönt, gegenständliche Bilder auszustellen oder zu sammeln, selbst bedeutende Bilder von Magritte oder Delvaux fanden in Deutschland noch keine Käufer. Die erste Magritte Ausstellung in Deutschland fand erst 1965 in meiner Galerie ohne große Resonanz statt. Bruno Goller oder Konrad Klapheck wurden als Außenseiter betrachtet. Werner Haftmann versuchte noch in der zweiten documenta 1959 das Informell als Weltstil zu manifestieren. Der diesmal jedoch nicht mehr zu ignorierende Beitrag amerikanischer Kunst des Museums of Modern Art in New York für die documenta 2 und die 1958 von Arnold Ruedlinger in der Baseler Kunsthalle organisierte Ausstellung „The new american painting“, die neben vielen anderen europäischen Städten auch in der Berliner Hochschule für bildende Künste zu sehen war, sollte den Unterschied zum europäischen Informell dokumentieren und auf einen neuen spezifisch amerikanischen Stil aufmerksam machen.
Schon allein die ungewohnten Formate machten deutlich, daß es sich nicht mehr um ästhetische Psychogramme oder abstrakte Kompositionen handeln konnte. So kam es ungewollt zu einer Konfrontation der Stile und im Gefolge auch der Preise. Zahlte man für ein Bild von Soulage von 1959 DM 100.000,-, kostetet ein wesentlich größeres Bild aus dem gleichen Jahr von Franz Kline trotz eines Umrechnungskurses von 1 $ : 4,2 DM wesentlich weniger. Die selbstbewußte Präsentation der Amerikaner auf der zweiten documenta mit allein zwölf Bildern von Jackson Pollock, Franz Kline, Willem de Kooning, Robert Rauschenberg und Barnett Newman ließ die Ecole de Paris verblassen. Das Bett von Rauschenberg von 1955 oder das Bild „Cathedra“, 1951 von Barnett Newman, das sich heute im Stedelijk Museum in Amsterdam befindet, provozierte bei den Besuchern ebensoviel Aufmerksamkeit wie Ablehnung. Werner Schmalenbach kaufte kurz zuvor das Bild Nr. 32, 1950 (3 x 4,50 m) von Jackson Pallock für die Kunstsammlung Nordrhein Westfalen in Düsseldorf und setzte damit ein unübersehbares Zeichen. Die zweite documenta konnte noch als Apotheose auf das Informell verstanden werden, wurde jedoch zu ihrem ungewollten Schwanengesang, der auch Paris als Kunsthandelszentrum in Mitleidenschaft zog.
Nirgendwo wurde dieser Bruch so deutlich spürbar wie bei der Vergabe der Preise für Malerei auf der Biennale von Venedig. Während noch 1960 Jean Fautrier und 1962 Alfred Manessier den Großen Preis der Malerei mit massiver Unterstützung Pariser Galeristen erhielt, konnte dieselbe Lobby zwei Jahre später nicht mehr verhindern, daß Robert Rauschenberg diesen Preis 1964 bekam. Was sich 1959 bereits in Kassel als unbeabsichtigte Wirkung zeigte, wurde auf der Biennale 1964 politisch durchgesetzt und weltweit sichtbar.
Geprägt durch meine Erfahrungen als Sekretär der zweiten documenta eröffnete ich 1960 meine eigene Galerie zunächst in Essen und zwei Jahre später dann in Köln. Mich faszinierte die Rückkehr zum Gegenstand in all ihren Variationen, angefangen vom Nouveau Realismus, der englischen und amerikanischen Pop Art bis hin zu deutschen Künstlern wie Konrad Klapheck, Gerhard Richter, Dieter Rot und Sigmar Polke. Mein erster großer Sammler war Wolfgang Hahn, stets ein Sammler der ersten Stunde. Auch in seiner Sammlung vollzog sich zu Beginn der 60er Jahre dieselbe Transformation vom Informell und der Abstraktion hin zu Nouveau Realismus, Fluxus und Pop Art.
Während die künstlerische Innovation und Kreativität in dieser Zeit ungewöhnlich groß war, hinkte der Markt bis 1967 deutlich hinterher. Offensichtlich erforderte die neue Kunst auch neue Vermarktungsstrategien. Die aus wirtschaftlicher Not geborene Gründung des ersten Kunstmarktes in Köln 1967 eröffnete der neuen Kunst das ihr angemessene Forum und sorgte für Öffentlichkeit und Popularität, sowie für den wirtschaftlichen Erfolg. In der Chronologie des Jahres 1968 sind es nicht nur die politischen Ereignisse - die Studentenunruhen, die Ermordung John F. Kennedys, das Attentat auf Andy Warhol - sondern auch die für die deutsche Kunst und ihren Kunsthandel folgenreichen Ausstellungen: Im Frühjahr 1968 kauft Karl Ströher sowohl die im Jahr zuvor in Mönchengladbach gezeigte Beuys-Ausstellung, als auch die amerikanische Pop Sammlung von Kraushar. In München wird auf Anregung des New Yorker Industriellen und Sammlers Walther Bareiss gemeinsam mit dem Prinzen Franz von Bayern und dem Grafen Dürkheim der Galerieverein gegründet, der für die Durchsetzung deutscher Kunst äußerst wichtig wurde. Die Gründungsmitglieder wurden zu engagierten und einflußreichen Sammlern deutscher Kunst, besonders durch Walther Bareiss, der als Kuratoriumsmitglied des Museum of Modern Art in New York sich für die deutsche Kunst einsetzte. Im Mai stellt Wolfgang Hahn seine Pop Art und Nouveau Realismus Sammlung gemeinsam mit deutscher Kunst von Joseph Beuys, Dieter Rot und Gerhard Richter im Walraff-Richartz Museum in Köln aus. Im Juni wird die soeben von Karl Ströher erworbene Pop Art Sammlung und Teile des später sogenannten Darmstädter Blocks von Joseph Beuys vom Galerieverein in der Neuen Pinakothek in München ausgestellt. Der wesentliche Teil des Darmstädter Blocks wird in direkter Konfrontation mit Edward Kienholz’ Installation „Roxy’s“, 1960/61 im Sommer auf der vierten documenta in Kassel gezeigt, die erstmalig amerikanischer Pop und Minimal Art zeigt, jedoch noch nicht Werke von Georg Baselitz, Blinky Palermo, Sigmar Polke oder Gerhard Richter. 1969 stellt Peter Ludwig seine Sammlung, die damals vornehmlich noch amerikanische und englische Kunst der 60er Jahre umfaßte, als Dauerleihgabe dem Walraff-Richartz-Museum in Köln zur Verfügung, das einen umfassenden Katalog über die Kunst der 60er Jahre herausgibt, der innerhalb von nur zwei Jahren fünf Auflagen von insgesamt 33.000 Exemplaren erfährt. 1970 wird die Sammlung Karl Ströher im Hessischen Landesmuseum in Darmstadt nun auch schon mit Werken von Georg Baselitz, Hanne Darboven, Blinky Palermo, Gerhard Richter und Reiner Ruthenbeck ausgestellt und es erscheint ebenfalls ein umfangreicher Katalog. Es ist sicherlich kein Zufall, daß gerade die beiden größten deutschen Sammler der Pop Art und neuer gegenständlicher deutscher Kunst, Karl Ströher und Peter Ludwig, Industrielle waren und beide ihre umfangreichen Sammlungen sofort als Dauerleihgaben in Museen öffentlich werden ließen. Beide Sammler integrierten die zeitgenössische deutsche Kunst in ihre internationalen Sammlungen. Diese Publizität förderte das Interesse sowie die Preise nicht nur für die amerikanische, sondern auch für die deutsche Kunst, die aber im wesentlichen von europäischen Sammlern bezahlt wurden. Noch 1970 konnte ich auf der Pop Art Auktion der Sammlung Scull bei Sotheby’s in New York Hauptwerke von Jasper Johns, Claes Oldenbourg und Roy Lichtenstein ohne engagierte Gegenbieter unter allgemeinem Gelächter des Auktionspublikums ersteigern.
Der Versuch, deutsche Kunst in New York zu verkaufen, oder wenigsten amerikanische Kollegen an deutscher Kunst zu interessieren, scheiterte völlig. Zu stark wirkte noch die traumatische Erfahrung mit der deutschen Vergangenheit nach. Nur Ernst Wilhelm Nay konnte in den 50er und 60er Jahren auch in New Yorker Galerien seine Bilder zeigen. Der amerikanische Markt blieb selbstbewußt unter sich und akzeptierte die deutschen Sammler und Händler nur als Käufer. Erst nach 1962, nachdem deutsche Zeitungen den militärischen Erfolg von Moishe Dayan im 6-Tage Krieg mit dem von Rommel verglich und ihn sogar als „unseren Rommel“ feierten, begann auch für amerikanische Händler und Sammler die Bereitschaft eines Dialoges. Dies führte jedoch noch lange nicht zum Kauf von zeitgenössischer deutscher Kunst, wohl aber von Werken des deutschen Expressionismus’ und des Bauhauses. Obwohl der intensive europäische Diskurs über Joseph Beuys in den 60er Jahren auch in die USA gedrungen war, und seit 1970 der Beuys Block ständig im Museum in Darmstadt zu sehen war, stellte Joseph Beuys noch 1974 in der Galerie Rene Block in New York die pronocierte Zweckbehauptung auf: „I like America and America likes me“, die sich für beide Seiten als falsch erweisen sollte. Diesen Eindruck konnte auch die Galerie Ronald Feldman in New York mit seiner Beuys Ausstellung „Feuerstätte“ im gleichen Jahr nicht korrigieren. Die ausgestellte Arbeit wurde erst zehn Jahre später an das Kunstmuseum Basel verkauft. Auch alle anderen Bemühungen deutscher Händler, wie die von Rene Block oder Reinhard Onnasch, deutsche Kunst in ihren New Yorker Galerien an amerikanische Sammler zu verkaufen, scheiterten kläglich. In den 60er und 70er Jahren kauften die Amerikaner nur Werke ihrer Künstler soweit es sich um zeitgenössische Kunst handelte. Obwohl Georg Baselitz 1975 in New York lebte, konnte weder er noch seine rührigen deutschen Händler dort Interesse für seine Arbeit erwecken. Erst 1981 stellten Xavier Fourcarde und Brooke Alexander, 1982 Ileana Sonnabend Werke von Georg Baselitz aus. In diesen Jahren gab es in den USA keine eigene überzeugende Kunstrichtung mehr. Pop, Minimal sowie Konzept Art waren bereits durchgesetzt. Dies war der Augenblick, in dem amerikanische Händler und Sammler die deutsche Kunst für sich entdeckten und gleichzeitig feststellten, daß Joseph Beuys auf die zeitgenössische amerikanische Kunst Einfluß genommen hatte. Die Preisunterschiede zwischen europäischen und amerikanischen Künstlern führten nun unter umgekehrten Vorzeichen zu einem erneuten Interesse an europäischer, insbesondere deutscher Kunst. Rainer Werner Fassbinders Filme und die Joseph Beuys Retrospektive im Guggenheim-Museum, New York 1979 verstärkten das Interesse an deutscher Kunst. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis auch die New Yorker Händler sich um Ausstellungen deutscher Künstler in ihren Galerien bemühten. Bis zu dieser Zeit galt die ebenso unsinnige wie marktpolitisch erfolgreiche Behauptung, daß sich die Kunstentwicklung im 20. Jahrhundert von Osten nach Westen verlagere und deshalb nach New York nur noch an der Westkünste Amerikas mit neuer Kunst zu rechnen sei. Diese lukrative Einbahnstraße belebte den amerkanischen Markt mit ausschließlich amerikanischer Kunst und brachte so auch sehr früh ein Interesse für Künstler der Westküste. 1982 stellt Holly Solomon in New York Bilder von Sigmar Polke, 1985 Sperone-Fischer-Westwater, New York Werke von Gerhard Richter aus, obwohl er schon 1980 auf der Biennale von Venedig vertreten war. Der große Durchbruch erfolgte 1984 auf dem Umweg über die Ausstellung von Anselm Kiefer im Israel Museum von Tel Aviv. Die erfolgreiche Ausstellung fegte alle Bedenken amerikanischer Sammler deutscher Kunst gegenüber hinweg. Ein bisher nie dagewesener Boom deutscher Kunst setzte in den USA ein und wurde mediengerecht durch die Galeristen Hochzeit von Michael Werner und Mary Boone gekrönt. Die Ehe der glücklichen Boone, die auch zu wechselseitigen Ausstellung ihrer Künstler führte, hielt solange wie der Boom. Im Werk von Anselm Kiefer, Sigmar Polke oder Gerhard Richter wie schon vorher in den Filmen von Fassbinder und den Büchern von Heinrich Böll, Günther Grass und Uwe Johnson fanden die amerikanischen Sammler die lange vermißte Auseinandersetzung deutscher Künstler mit ihrer Vergangenheit. Im Sog der Nachfrage und Preise ihrer Bilder bekamen auch andere deutsche Künstler wie Martin Kippenberger, Albert Oehlen, Werner Büttner sowie die Jungen Wildern Anerkennung und ihren Markt.
Unter den deutschen Kritikern der Nachkriegszeit waren es vor allem der Sammler Albert Schulze-Vellinghausen und John Anthony Thwaites, die sich in den 50er und 60er Jahren durch ihre engagierten Kunstkritiken für das deutsche Informell und die abstrakte Kunst einsetzten. Im Übrigen waren die Kritiker der deutschen Kunst der 60er Jahre gegenüber eher ablehnend eingestellt. Im Rheinland waren es in den 60er Jahren vor allem die Galeristen Alfred Schmela, Konrad Fischer und Michael Werner, in München Otto van de Loo, Heiner Friedrich und Fred Jahn, die die Werke der später so erfolgreich werdenden deutschen Künstler ausstellten und verkauften. Unter den Museumsdirektoren engagierten sich besonders Johannes Cladders (Städtisches Museum Mönchengladbach), Rudi Fuchs (Stedelijk van Abbemuseum Eindhoven), Dieter Koepplin für Zeichnung und Druckgrafik (Kunstmuseum Basel) und Paul Wember (Kaiser-Wilhelm Museum Krefeld). Peter Ludwig wurde auch für die deutsche Kunst durch seine frühen Ankäufe äußerst einflußreich. Sein Engagement kann nicht hoch genug eingestuft werden. Nicht nur die wirtschaftliche Bedeutung seiner umfangreichen Ankäufe war wichtig, sondern die Tatsache, daß alle Ankäufe ab 1969 zunächst im Walraff-Richartz-Museum in Köln und später auch in anderen deutschen und ausländischen Museen als Dauerleihgabe zu sehen waren. Die meist aufwendig und zweisprachig gedruckten Bestandskataloge sorgten für eine weite Verbreitung und schnelle Rezeption. Seine Sammelleidenschaft, die alle Kunstepochen und Kulturen vom Mittelalter bis zur Gegenwart, von chinesischer bis präkolumbianischen Kunst einschloß, wurde von Kunsthistorikern genau registriert und ermutigt sie, sich stärker für zeitgenössische deutsche Kunst zu engagieren. Auch Wolfgang Hahns ebenso passionierte wie systematische Sammlung inspirierte andere deutsche Sammler wie Eberhard Garnatz und Reiner Speck. Besonders Walther König hat mit seiner auf Kunstbücher und -kataloge spezialisierten Buchhandlung in Köln seit 1971 den Sammlern die notwendigen Informationen ermöglicht. Auswärtige und ausländische Sammler konnten durch ihn über die wichtigsten deutschen Künstler und ihre Ausstellungen informiert werden. Die Konzentration des deutschen Kunsthandels in Köln und Düsseldorf schuf in den letzten 30 Jahren eine für die Kunstentwicklung so förderliche Konkurrenz und belebte den deutschen Markt wie sonst nur noch in New York. Fünf Jahre nach Köln wurde auch in Düsseldorf ein weiterer internationaler Kunstmarkt etabliert und die Medien besorgten die notwendige Öffentlichkeitsarbeit für diese absurde Konkurrenzsituation. Die föderalistische Kulturpolitik der Bundesrepublik ermöglichte ungewöhnlich viele wichtige Ausstellungen, von denen die der Kunsthalle in Baden-Baden und der Kestner Gesellschaft Hannover besonders hervorzuheben sind. Trotzdem war es nicht zu übersehen, daß deutsche Künstler ihre Werke nur in Deutschland und in den Nachbarstaaten, besonders in Belgien und Holland ausstellten und verkauften. Der letztlich alles bestimmende Kunstmarkt in den USA beteiligte sich in den 60er und 70er Jahren noch nicht an der Rezeption deutscher Kunst. Eine Baselitz Ausstellung 1982 anläßlich des Kunstmarktes in Chicago, die ich selber organisiert habe, war noch ein Mißerfolg. Ebenso erging es 1986 der Ausstellung von Gerhard Richter, die ich in Zusammenarbeit mit Barbara Gladstone gezeigt habe. Angesichts der großen Erfolge deutscher Künstler in den späten 80er Jahren verwundert diese Ablehnung. Für die amerikanischen Sammler und Händler war nach der mühsam umkämpften Emanzipation vom europäischen Markt die Rückkehr schwierig. Umso wichtiger waren die Ausstellungen deutscher Künstler in europäischen Museen wie z.B. in Stedelijk van Abbemuseum in Eindhoven und der Kunsthalle Bern so wie auch die jährliche Präsentation auf der Baseler Messe. Die 1967 in Köln kreierte neue Form der Kunstmesse wurde nicht nur in Basel, sondern auch in Bologna, Paris und Chicago, später auch in Madrid übernommen und erleichterte den deutschen Händlern ihre Aufgabe, die deutsche Kunst international durchzusetzen. Mit dem Erfolg deutscher Kunst auf den nationalen und internationalen Kunstmärkten in den 80er Jahren veränderten auch die großen Auktionshäuser ihre Strategien und versteigerten zunehmend Werke zeitgenössischer deutscher Kunst. Die große Publizität der Auktionshäuser mit ihren in hohen Auflagen produzierten Auktionskatalogen förderte die Kenntnis deutscher Kunst weltweit in bisher nie gekanntem Maße. All dies führte zwangsläufig zu einer Hosse auch für deutsche Kunst, die erst mit dem Zusammenbruch des Kommunistischen Machtblocks und dem daraus folgenden allgemeinen Orientierungswechsel ihr schnelles Ende fand. Sieben Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung kann die deutsche Kunst nicht mehr vornehmlich den europäisch-amerikanischen Dialog suchen, sondern muß unter der neu gewonnenen gesamtdeutschen Perspektive, die gemeinsame Geschichte erneut in den Blick nehmen und dabei der kulturellen Globalisierung Rechnung tragen.
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